Zwischenstand beim Wachstumschancengesetz
Das Wachstumschancengesetz musste schon mehrere Hürden überwinden und steht immer noch auf der Kippe, auch wenn ein Kompromiss den Umfang des Gesetzes bereits auf weniger als die Hälfte des ursprünglichen Entlastungsvolumens reduziert hat.
Im Wachstumschancengesetz stecken viele Steuererleichterungen vor allem für Unternehmen, mit denen die Bundesregierung die Konjunktur ankurbeln will. Doch das Gesetzgebungsverfahren nimmt einfach kein Ende, denn seit fast einem Dreivierteljahr streitet die Politik über das Gesetz. Zuerst scheiterte die Verabschiedung des Regierungsentwurfs im Kabinett an einem Streit über die Finanzierung der Kindergrundsicherung, und als der Gesetzentwurf schließlich in den Parlamenten angelangt war, hat der Bundesrat dem Gesetz seine Zustimmung verweigert.
Zwar stimmen die Länder dem Ziel zu, die Konjunktur anzukurbeln, aber ihnen sind die Änderungen durch das Gesetz zu teuer. Mit dem Vorwurf, es werde Geld nach dem Gießkannenprinzip verteilt, hat der Bundesrat am 24. November 2023 das Gesetz in den Vermittlungsausschuss verwiesen.
Manchmal sind Vermittlungsverfahren sehr zügig abgeschlossen, doch auch hier gab es für das Gesetz wieder einen Stolperstein in Form des Verfassungsgerichtsurteils zum Bundeshaushalt, durch das kurzfristig die Finanzierung von 60 Mrd. Euro an bereits verplanten Ausgaben ins Wanken geriet. Bevor der Haushalt nicht auf festen Beinen stand, wollte die Opposition kein Vermittlungsverfahren beginnen.
Teile des Wachstumschancengesetzes, die unstreitig waren und zwingend schon vor dem Jahresanfang in Kraft treten mussten, wurden deshalb kurzfristig in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz transplantiert, das die Parlamente in ihrer letzten Sitzungswoche vor Weihnachten noch verabschiedet haben. Darunter war neben diversen Änderungen für 2024 auch die rückwirkende Streichung der Steuerpflicht für die Dezemberhilfe.
Zur Erinnerung: Im Dezember 2022 hatte der Bund die Kosten für den Abschlag für Gas und Wärme übernommen, um die Bürger bei den damaligen hohen Energiepreisen zu entlasten. Als sozialer Ausgleich sollten diese Hilfen versteuert werden, was sich aber als impraktikabel erwiesen hat. Die Dezemberhilfe 2022 wird daher nun rückwirkend steuerfrei gestellt.
Am 21. Februar 2024 hat sich schließlich der Vermittlungsausschuss mit dem Gesetz befasst. Dabei wollten die Länder einige der teureren Änderungen abschwächen oder aus dem Gesetz herausverhandeln. Letztlich hat der Ausschuss einen schon zuvor aussondierten Kompromiss beschlossen, mit dem das Entlastungsvolumen des Gesetzes von rund 7 Mrd. Euro auf 3,2 Mrd. Euro etwas mehr als halbiert wird.
Um diese Reduzierung zu erreichen, wurden die geplanten erweiterten Abschreibungsmöglichkeiten abgeschwächt und die ursprünglich als Kern des Gesetzes vorgesehene Prämie für Investitionen in den Klimaschutz komplett gestrichen. Auch an anderen Stellen gab es Kürzungen. Hier ist ein Überblick über die Änderungen und Streichungen gegenüber der bisherigen Fassung:
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Investitionsprämie: Für Investitionen, die durch Energieeinsparungen zum Klimaschutz beitragen, sollte eine Investitionsprämie von 15 % der Investitionskosten, maximal aber 30 Mio. Euro Prämie je Antragsteller, eingeführt werden. Die Investitionsprämie wurde nun ersatzlos aus dem Gesetz gestrichen.
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Geringwertige Wirtschaftsgüter: 2018 wurde die über Jahrzehnte beinahe unveränderte Grenze für die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter auf 800 Euro angehoben. Die damaligen Pläne, diese Grenze gleich auf 1.000 Euro anzuheben, fanden damals keine Mehrheit. Auch im Wachstumschancengesetz wird es nun nicht zu einer Anhebung der Grenze kommen, sodass diese weiterhin bei 800 Euro verbleibt.
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Sammelpostenabschreibung: Ebenfalls gestrichen wurden die Änderungen bei der Sammelpostenabschreibung für Wirtschaftsgüter mit einem Wert zwischen 250 und 1.000 Euro. Ursprünglich sollten in den Sammelposten ab 2024 Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten von bis zu 5.000 Euro aufgenommen werden können und die Abschreibungsdauer für den Sammelposten sollte von fünf auf drei Jahre verkürzt werden.
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Sonderabschreibung: Kleinere Betriebe, die im Vorjahr einen Gewinn von maximal 200.000 Euro erzielt haben, können für bewegliche Wirtschaftsgüter in den ersten fünf Jahren eine Sonderabschreibung von insgesamt bis zu 20 % geltend machen. Für ab 2024 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter wird die Sonderabschreibung nun nur auf maximal 40 % angehoben. Geplant war eine Anhebung auf bis zu 50 %.
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Degressive Abschreibung: Die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung, die während der Corona-Pandemie wieder eingeführt und nach einer Verlängerung Ende 2022 ausgelaufen ist, soll wie geplant kommen, allerdings mit deutlichen Einschränkungen. Statt für alle Wirtschaftsgüter, die nach dem 30. September 2023 angeschafft oder hergestellt werden, soll die degressive Abschreibung nun erst bei einer Anschaffung oder Herstellung ab dem 1. April 2024 möglich sein. Auch am anderen Ende wurde die Laufzeit gekürzt - statt bis Ende 2025 läuft die degressive Abschreibung nur bis Ende 2024. Schließlich wird der AfA-Höchstsatz bei 20 % bzw. dem Zweifachen des linearen AfA-Satzes gedeckelt statt wie geplant bei 25 %.
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Degressive AfA für Gebäude: Wegen des starken Rückgangs der Bautätigkeit ist die Einführung einer degressiven Abschreibung für Gebäude weiterhin im Gesetz enthalten. Zwar ist sie auf Gebäude beschränkt, die Wohnzwecken dienen, kann dann aber in einer Höhe von 5 % (ursprünglich waren 6 % vorgesehen) vorgenommen werden. Auch diese degressive Abschreibung ist befristet, und zwar auf Gebäude, mit deren Herstellung nach dem 30. September 2023 und vor dem 1. Oktober 2029 begonnen wird oder für die der Kaufvertrag in diesem Zeitraum abgeschlossen wird. Hier wurde die Frist also gegenüber der ursprünglichen Fassung nicht verkürzt. Während die degressive Abschreibung läuft, ist keine zusätzliche Abschreibung für eine außergewöhnliche Abnutzung möglich. Allerdings gibt es jederzeit die Möglichkeit, zur linearen Abschreibung zu wechseln.
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Vermietungsfreigrenze: Für die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sollte ab 2024 eine Steuerfreigrenze in Höhe von 1.000 Euro eingeführt werden. Diese war den Ländern ein besonderer Dorn im Auge und wurde daher ersatzlos gestrichen.
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Verpflegungsmehraufwand: Die Pauschalen für den Verpflegungsmehraufwand im Rahmen einer Auswärtstätigkeit sollten ab 2024 angehoben werden, was angesichts der besonders hohen Inflation bei Lebensmitteln und der höheren Umsatzsteuer in der Gastronomie mehr als angemessen gewesen wäre. Doch diese Anhebung wurde zurückgenommen, sodass es weiterhin bei einem Tagessatz von 28 Euro für einen vollen Tag der Abwesenheit bleibt. Der Satz für den An- oder Abreisetag bleibt entsprechend unverändert bei 14 Euro.
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Betriebsveranstaltungen: Für Zuwendungen des Arbeitsgebers an Arbeitnehmer und deren Begleitpersonen anlässlich einer Betriebsveranstaltung sollte der steuerliche Freibetrag von 110 Euro auf 150 Euro steigen. Auch diese Anhebung wäre überfällig gewesen, nachdem der Freibetrag seit längerem unverändert ist und gestiegene Lebensmittelpreise sowie die höhere Umsatzsteuer in der Gastronomie sich regelmäßig auch bei den Ausgaben für Betriebsveranstaltungen besonders bemerkbar machen. Doch die Anhebung wurde ersatzlos gestrichen.
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Geschenke: Geschenke an Nichtarbeitnehmer dürfen nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, sofern deren Wert im Kalenderjahr nicht mehr als 35 Euro pro Empfänger ausmacht. Etwas überraschend ist die geplante Anhebung der Abzugsgrenze auf 50 Euro pro Person und Jahr für alle nach 2023 beginnenden Wirtschaftsjahre weiter im Gesetz enthalten.
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Verlustrücktrag: Sämtliche geplanten Verbesserungen beim Verlustrücktrag wurden ersatzlos gestrichen. Das gilt sowohl für die Anhebung der Höchstbeträge für den Verlustrücktrag als auch für die Ausweitung des Rücktragzeitraums auf drei Jahre.
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Verlustvortrag: Nach dem geltenden Recht ist bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. Euro (2 Mio. Euro für zusammenveranlagte Ehegatten) der Verlustvortrag unbeschränkt möglich. Für den Teil, der den Sockelbetrag überschreitet, ist der Verlustvortrag dagegen auf 60 % der Einkünfte beschränkt, die in dem Jahr erzielt werden, auf das der Verlust vorgetragen wird. Statt einer Aussetzung dieser Mindestgewinnbesteuerung wird lediglich die Grenze von 60 % befristet bis Ende 2027 auf 70 % angehoben.
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Elektronische Rechnungen: Auf die Änderungswünsche des Bundesrats bei der Einführung elektronischer Rechnungen wurde nur sehr eingeschränkt eingegangen. Die Ende 2023 verabschiedete Fassung der Änderungen ist unverändert geblieben.
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Forschungszulage: Die Regelungen zur Forschungszulage werden an mehreren Stellen verbessert, sodass insbesondere Einzelunternehmen und Kleinbetriebe stärker von der Forschungszulage profitieren können. Beispielsweise wird der berücksichtigungsfähige Wert einer Arbeitsstunde des Einzelunternehmers oder Gesellschafters ab 2024 von 40 Euro auf 70 Euro angehoben. Außerdem können KMU-Betriebe eine Erhöhung der Forschungszulage um 10 % beantragen, womit statt 25 % dann 35 % der Bemessungsgrundlage als Forschungszulage gewährt werden. Allerdings gelten die Änderungen nun nicht schon ab dem 1. Januar 2024, sondern erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes. Außerdem wird die Höchstgrenze der Bemessungsgrundlage von bisher 4 Mio. Euro nur auf 10 Mio. Euro statt der geplanten 12 Mio. Euro angehoben.
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Pauschallandwirte: Für das Jahr 2024 sollten der Durchschnittssatz und die Vorsteuerpauschale für Pauschallandwirte von 9,0 % auf 8,4 % sinken. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 betrug der Durchschnittssatz noch 10,7 %. Da das Gesetz nicht vor dem Jahreswechsel verabschiedet werden konnte und rückwirkende Änderungen bei der Umsatzsteuer praktisch nicht möglich sind, entfällt die Anpassung der Sätze für 2024.
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Umsatzsteuer auf Gas & Wärme: Das vorzeitige Auslaufen des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf die Lieferung von Gas und Wärme zum 29. Februar 2024 wurde gestrichen, zumal das Gesetz gar nicht rechtzeitig hätte verabschiedet werden können.
Trotz dieser Änderungen ist das Gesetz auch weiterhin nicht in trockenen Tüchern, denn für den Beschluss haben im Vermittlungsausschuss nur Vertreter der Regierungskoalition gestimmt, die dort die Mehrheit haben. Im Bundesrat sind aber die Bundesländer in der Mehrheit, an deren Regierung die Union beteiligt ist, und diese hat angekündigt, dem Gesetz erst dann zuzustimmen, wenn die bereits verabschiedete Kürzung der Steuervergünstigung für Agrardiesel rückgängig gemacht wird. Das wiederum will die Bundesregierung nicht, weil dann erneut eine Finanzierungslücke entsteht.
Die nächste und möglicherweise letzte Hürde muss das Gesetz nun in der Bundesratssitzung am 22. März 2024 nehmen. Dort kommt es dann zum Showdown, wenn über das überarbeitete Gesetz abgestimmt wird.